E 91 - Umgestaltung
Faltenbalg
Märklin hat seiner E 91 ein paar Faltenbalge verpasst, die, um es vorsichtig auszudrücken, optisch suboptimal wirken. Ergo werde ich sie durch Faltenbalge ersetzen, wie man sie erwartet.
Zum Vorbild: Die Faltenbalge auf Abbildungen ab den 30ger Jahren wirken, als ob sie keine Rippenstruktur aufweisen. Schaut man sich allerdings die Aufnahmen aus den 20er Jahren an, erkannt man wohl eine Rippenstruktur. Mit den Jahren leierten diese wohl so aus, dass sie unförmig erschienen. Des Weiteren wurde die Rippenstruktur in den Übersichtszeichnungen dargestellt. Gut, dass ist kein 100%er Beweis, weichen die Übersichtszeichnungen doch ein manches mal von der tatsächlichen Bausweise ab.
Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass die AEG damals ungerippte Balge eingesetzt hat, die eine Stützkonstruktion bedingen. Die Balge würden wohl ohne eine solche Konstruktion in der Mitte einfach durchhängen. Außerdem weisen die anderen Lokomotiven und Schnellzugwagen dieser Epoche ebenfalls gerippte Faltenbalge auf.
Auch setzten Modellbaufirmen, welche die E91 für die Spur H0 herstellten, gerippte Faltenbalge ein. Die werden das schon richtig gemacht haben :)
Auf dem Bild zu sehen: Links – der originale Faltenbalg von Märklin, Rechts – der nachgebildete gerippte Faltenbalg.
So habe ich also die Märklin Faltenbalge ausgebaut und von den Stützen getrennt.
Das geht recht einfach, der Faltenstoff ist nicht hart geklebt. Er lässt sich wie Klebeband vom Träger abziehen. Das sollte man vorsichtig machen, damit nichts einreißt. Eventuell will man die Balge wieder rückbauen.
Die beiden Balge (es sind ja zwei) habe ich gegeneinander geklebt, gerollt und in die Lokverpackung zurückgelegt.
Will man die Originalfaltenbalge nicht auseinandernehmen, kann man die beiden Stützen auch in Polystyrol nachbilden.
Der zukünftige Faltenbalg besteht aus einer Gummimasse, die auf einem Träger aus Papier aufgebracht wird.
Dieser Träger muss, vor Auftrag des Gummis, in die Struktur eines Urform-Faltenbalges einmodelliert werden. Diese Form kann man sich zusammenfeilen, aber auch 3D drucken. Diesbezüglich konstruierte ich die Urform in Cinema 4D und ließ es bei Shapeways (meinem 3D Druckdienstleister) drucken.
Hier sieht man nun das ausgedruckte Teil, die Urform zur Aufnahme des Trägermaterials.
Nun werden die beiden Stützen an das 3D Teil angeklemmt.
Das Trägermaterial. Es ist ein Torten/Keksuntersetzer aus Papier aus dem 1 € Laden. Das ist das (momentan) für mich optimal zu verarbeitende Material zum Verformen.
Habe noch andere Papiermaterialien getestet. Diese Art Papier zeichnet sich durch gute Reißfestigkeit im feuchten Zustand aus.
Aus diesem Papier wird ein 90 x 210 mm Streifen geschnitten, in der Länge gefaltet (doppelte Lage) und vollständig einige wenige Minuten in Wasser eingeweicht.
Unmittelbar danach legt man den nassen Papierstreifen um die Form und beginnt von der Mitte mit einem entsprechenden Werkzeug (ich nehme dazu die Rückseite eines Instrumentes, das jeder kennt, der zum Zahnarzt geht) die Rillen auszuformen/einzudrücken.
Wenn möglich, sollte man eine Art Formwerkzeug aus glattem Material nehmen. Holz (z.B. ein Zahnstocher) kann das Papier einreißen. Hauptsache, das Werkzeug gleitet widerstandsfrei über das Material.
Die scharfen Ecken lasse ich dabei aus. Die drückt später ein Haushaltsgummi ein.
Die so eingedrückte Rille wird nun mit einem Haushaltsgummi fixiert. Danach die daneben liegende Rille auf die gleiche Art und Weise ausgeformt. Dabei sollte man von außen etwas das Papier in die Mitte nachschieben.
Nun sind alle Rillen gedrückt und mit Gummi fixiert.
Zum Schluss wird noch der Papierrand um die Form gelegt, mit Klammern fixiert und eine Streichholzschachtel zum Spannen des Gummis eingeklemmt.
Das ganze muss nun vollständig durchtrocknen, am besten über Nacht. Der gedruckten Urform macht Feuchtigkeit nichts aus. Ich nutze hier "Strong & Flexible Plastic" von Shapeways.
Zwischendurch ein Bild mit Versuchen anderer Materialien.
Links - Packpapier mit (wohl) geölter Oberfläche. Versucht nach der Trocknung wieder seine alte Form anzunehmen.
Mitte – normales Packpapier. Geht gut, ist aber nicht flexibel genug, um die spätere Lokomotivbewegung mitzumachen.
Rechts – Serviettenpapier (aufgedoppelt). Funktioniert auch bestens, hat aber den Drang, zu reißen. Muss man vorsichtig arbeiten. Es funktioniert nicht jedes Serviettenmaterial. Ich habe drei Sorten getestet. Nur eine Art war ausreichend Wasser-/Rissfest.
Nach der Trocknung.
Nun wird zwischen den Stützen und dem Papier Ponal Weißleim aufgetragen. Das hält getrocknet nicht optimal, ist aber als vorläufige Fixierung für die weitere Bearbeitung notwendig.
Vorsichtig wird nun die Urform herausgenommen.
An der Stelle sei gesagt, dass der originale Faltenbalg von Märklin wieder hergestellt werden kann. Ponal und später der Gummi lassen sich wieder von den Stützen lösen und der alte Faltenbalg kann aufgeklebt werden.
Wenn man die Lokomotive nur als Vitrinenmodell nutzt, könnte man nun die Balge mit einem schwarzen Edding (keine Wasserfarben) färben, in die Lok einschieben und diese in die Vitrine zurückstellen. Da die Lokomotive auch fahren soll, bewegen sich natürlich die Faltenbalge dementsprechend und so müssen sie flexibel gemacht werden. Die Balge in reiner Papierform machen die Bewegung einmal mit, dann entformen sie sich.
Um das zu vermeiden, benötigt es eine innere Stützkonstruktion aus Karton und eine elastische Gummierung.
Als erstes die Stützen. Die habe ich in Corel Draw gezeichnet …
... dann ausgedruckt, auf Fotokarton geklebt und ausgeschnitten.
Die Stützen werden nun innen in die Rillen geklebt (Ponal). Ich musste die Stützen dreiteilen. Sie ließen sich nicht im Stück einbauen (haben sich gebogen).
Nun wird gummiert. Ich verwende hierzu Flüssiggummi und zwar das Original „Plasti Dip“ von Performix in schwarz/matt. Damit "lackieren" die Autotuner ihre Fahrzeuge. Der Vorteil von Plasti Dip: Es ist eine Gummilösung, die rückstandsfrei wieder vom Fahrzeug entfernt werden kann – durch abziehen der Gummihaut. Und so kann man diesen Gummi auch problemlos von den Märklin Kunststoffteilen lösen, sollte man wieder den alten Faltenbalg einsetzen wollen.
Das Spray sollte man unbedingt draußen anwenden. Die Dose ist übersäht mit Warnhinweisen :)
Die Gummierung fühlt sich wie richtiger Gummi an. Habe aber keine Ahnung, ob es auch die Lebensdauer von echtem Gummi erreicht. Diese ist ja nun auch nicht unendlich.
Zuerst die Innenseite besprühen. Hier kann man dicht mit der Düse an das Objekt herangehen. Innen kann es ruhig etwas fetter aufgetragen werden. Mein Auftrag war so stark, dass beim Trocknen der noch flüssige Gummi abtropfte. Durch den dicken Auftrag werden die Stützen (vor allem die beiden Märklin-Stützen) noch einmal ordentlich fixiert.
Der Hersteller gibt an, dass die Dehnfähigkeit des Gummis bei 400% liegt. Das ist mehr als ausreichend für die Bewegung des Faltenbalges.
Update: Es reichen zwei bis drei Aussenaufträge. Innen muss nicht gummiert werden.
Nach dem Trocknen der Innenschichten (jeweils ca. 10 Minuten für Grifffestigkeit) nun der Außenauftrag: Aus ca. 20 cm aufgetragen, insgesamt 2 x.
Die Schichtstärke pro Auftrag beträgt (so habe ich das in den Autoforen gelesen) ca. 1/10 mm.
Das ganze sollte man nun über Nacht vollständig trocknen lassen.
Die äußeren Wülste fallen etwas dicker aus. Das mag auf diesem Bild den Gesamteinruck stören, ist aber konstruktiv so gewollt. Das sind die haltenden Wülste, welche später in der Lokomotive verschwinden.
In Bewegung.
Ich kann das leider nicht an der fahrenden Lokomotive zeigen. Ich habe keine Schienen :)
Der Faltenbalg ist sehr formstabil. Nach zahlreichen Dehntests geht der Balg immer wieder in seine Ausgangsform zurück.
... eingebaut.
Kleine Umbauten (... folgt)
Neue Farbgebung (... folgt)